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Weihnachtsbotschaft 2017 – des Metropoliten von Deutschland und Exarchen von Zentraleuropa Augoustinos

Weihnachtsbotschaft 2017

des Metropoliten von Deutschland und Exarchen von Zentraleuropa Augoustinos


Liebe orthodoxe Christen in Deutschland!

Alle Feste des Kirchenjahres entspringen der Liebe Gottes. «So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einziggeborenen Sohn gesandt hat, damit der, der an ihn glaubt, gerettet werde.» Weil es ihn, den Sohn und Logos Gottes gibt, gibt es auch seine allheilige Mutter und die Heiligen aller Jahrhunderte. Deshalb kann der hl. Johannes Chrysostomus auch das Christgeburtsfest «die Mutter aller Feste» nennen. Denn die Geburt Christi ist der Ausgangspunkt. Hier beginnt seine Anwesenheit hier auf Erden. Sie ist jene fortschreitende Liebe, die jedem Menschen, der aus freien Stücken Christus liebt, die Möglichkeit gibt, seinem Leben einen Sinn zu geben und sein jeder Lebenskraft beraubtes Leben bereits jetzt zu einer Gelegenheit der Erfahrung des Reiches Gottes zu machen.

Unser Herr Jesus Christus ist das Licht und das Leben der Welt. Christus wird geboren und wird einer von uns, damit wir mit ihm in Beziehung treten und Gemeinschaft mit ihm pflegen. Wer in Beziehung tritt mit der Quelle des Lebens, fürchtet nichts, nicht einmal den Tod. Wer in Beziehung tritt mit dem Licht, fürchtet nicht mehr das Dunkel, das in uns allen ist. Und er fürchtet auch nicht das Dunkel, das uns von außen bedroht und versucht, in allen möglichen Gestalten des Bösen unseren Geist zu bezwingen und unsere Hoffnung auszulöschen.

Und so wie in den zwischenmenschlichen Beziehungen – der Ehe, der Familie, der Freundschaft oder der Gesellschaft – nichts funktioniert, wenn wir nicht daran arbeiten, so gilt das Gleiche für unsere Beziehung mit Gott. Damit die Flamme der Liebe weiter brennt, müssen wir täglich an uns arbeiten, ja sogar manchmal über uns hinausgehen. Vielleicht liegt es ja in unserer Natur, dass wir manchmal Kompromisse eingehen oder uns an die alltägliche Routine gewöhnen und dann alles und alle um uns herum für selbstverständlich erachten. Auf diese Art und Weise vernachlässigen wir uns selbst, die Menschen um uns herum, unseren Gott; und irgendwann beginnen wir, Ihnen fremd zu werden; wir schließen sie aus unserem Leben aus und sind hoffnungslos einsam.

Gleiches gilt auch für unseren Glauben. Wir sind Glieder unserer Kirche, aber nicht selten sind unsere Beziehung und unsere Verbindung zu ihr nur formal und beschränkt sich auf äußere Formen, manchmal sogar auf Vorurteile und Aberglauben. So vernachlässigen wir aber das Wesentliche, nämlich das Erleben und Ausüben der Liebe, des Verzeihens und der Solidarität. Letztendlich unterscheiden wir uns dann überhaupt nicht mehr von jenen, die Gott nie kennengelrnt haben, da die Beschaffenheit unserer Beziehung untereinander unsere mangelnde Beziehung

zu Gott verrät. Häufig sagen wir, welche schlechte Tat wir nicht begangen haben – «ich habe nicht gestohlen, ich habe niemanden umgebracht» – aber können nicht sagen, welche gute Tat wir getan haben, und wenn es nur das Geringste wäre, was daran erinnern könnte, dass wir Kinder des Gottes der Liebe sind.

Jedes Jahr haben wir allerdings die Gelegenheit, in der Kirche schrittweise unsere Trägheit aufzugeben und unsere Untätigkeit zu überwinden, um so unsere Liebe zu dem, der «uns zuerst geliebt hat», wieder zu beleben. Es ist wie eine Reise, die ihren Ausgang an der Krippe von Bethlehem nimmt und uns nach vielen Zwischenstationen zum leeren Grab in Jerusalem und darüber hinaus führt. Wir begleiten Christus jeden Tag, wir lernen ihn besser kennen, so wie die unzähligen Menschen, die wir Tag für Tag als seine Heiligen ehren und verehren; auf diese Art und Weise ist jedes Fest nicht bloß ein Augenblick unter vielen, sondern alle Augenblicke unseres Lebens verwandeln sich in ein Fest, in eine Erfahrung der Liebe Gottes und unserer Gemeinschaft mit Ihm.

Möge das diesjährige Weihnachtsfest für uns alle der Anlass werden, Christus noch mehr zu lieben. Es lohnt sich, in der Kirche die Tiefe und die Schönheit unseres Glaubens zu erleben. Gesegnete Weihnachten!

Bonn, 25. Dezember 2017 Euer Metropolit
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